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Authors: Paul Celan
näht uns die Schädel zurecht, die Schalen
und alle
noch zu zersamenden Knochen:
vom Osten gestreut, einzubringen im Westen, gleich-ewig â,
wo diese Schrift brennt, nach dem
Dreivierteltod, vor
der herumwälzenden Rest-
seele, die sich
vor Kronenangst krümmt,
von urher.
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in den unter Weltblut
stehenden Furchen.
Eine Hand mit dem Schimmer des Urlichts
wildert jenseits
der farnigen Dämme:
als hungerte noch
irgendein Magen,
als flügelte noch
irgendein zu
befruchtendes Aug.
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mit Pantherhäuten,
erweitere sie, fellhin und fellher,
sinnhin und sinnher,
gib ihnen Vorhöfe, Kammern, Klappen
und Wildnisse, parietal,
und lausch ihrem zweiten
und jeweils zweiten und zweiten
Ton.
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OCHWELT
â verloren, die Wahnfahrt, die Tagfahrt.
Erfragbar, von hier aus,
das mit der Rose im Brachjahr
heimgedeutete Nirgends.
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Waffen-
pässe.
Auf der übersprungenen
                                            Stufe
räkeln sich die
                         Sterbereien.
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Friede.
Graunächte, vorbewuÃt-kühl.
Reizmengen, otterhaft,
auf BewuÃtseinsschotter
unterwegs zu
Erinnerungsbläschen.
Grau-in-Grau der Substanz.
Ein Halbschmerz, ein zweiter, ohne
Dauerspur, halbwegs
hier. Eine Halblust.
Bewegtes, Besetztes.
Wiederholungszwangs-
Camaïeu.
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im Hellblut:
das Hellwort.
Mutter Rahel
weint nicht mehr.
Rübergetragen
alles Geweinte.
Still, in den Kranzarterien,
unumschnürt:
Ziw, jenes Licht.
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IRF DAS
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ONNENJAHR
, an dem du hängst,
über den Herzbord
und rudere zu, hungre dich fort, kopulierend:
zwei Keimzellen, zwei Metazoen,
das wart ihr,
das Unbelebte, die Heimat,
fordert jetzt Rückkehr â:
später, wer weiÃ,
kommt eins von euch zwein
gewandelt wieder herauf,
ein Pantoffeltierchen,
bewimpert,
im Wappen.
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in der Wüstung,
ruhn die Schattenjahrhunderte neben dir aus
und hören dich denken:
Vielleicht ist es wahr,
daà hier der Friede zwei Völker besprach,
aus TongefäÃen.
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Die Hirnsichel, blank,
lungert am Himmel,
umstrolcht von Gallengestirn,
die Antimagneten, die Herrscher,
tönen.
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IPPEN,
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CHWELLGEWEBE
der Du-Nacht:
Steilkurvenblicke kommen geklettert,
machen die Kommissur aus,
nähn sich hier fest â:
Zufahrtsverbote, Schwarzmaut.
Es müÃte noch Leuchtkäfer geben.
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Dahinter, im Bambus:
bellende Lepra, symphonisch.
Vincents verschenktes
Ohr
ist am Ziel.
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AGBEWURF
: die
lichtdurchlässige Dorn-
schläfe
grapscht sich noch ein
einziges taufrisches
Dunkel.
An der Herzspitze kommt
eine Muskelfaser
sinnend zu Tode.
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EDEWÃNDE
, raumeinwärts â
eingespult in dich selber,
grölst du dich durch bis zur Letztwand.
Die Nebel brennen.
Die Hitze hängt sich in dich.
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ERWAIST
im Gewittertrog
die vier Ellen Erde,
verschattet des himmlischen
Schreibers Archiv,
vermurt Michael,
verschlickt Gabriel,
vergoren im Steinblitz
die Hebe.
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EIDER
entnarbte Leiber,
beider Todesblatt über der BlöÃe,
beider entwirklichtes Antlitz.
An Land gezogen von
der weiÃesten Wurzel
des weiÃesten
Baums.
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F
ORTGEWÃLZTER
Inzest-Stein.
Ein Auge, dem Arzt
aus der Niere geschnitten,
liest an Hippokrates Statt
das Meineid-make up.
Sprengungen, Schlafbomben, Goldgas.
Ich schwimme, ich schwimme
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LS
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ARBEN
, gehäuft,
kommen die Wesen wieder, abends, geräuschvoll,
ein Viertelmonsum
ohne Schlafstatt,
ein Prasselgebet
vor den entbrannten
Lidlosigkeiten.
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AUCHSCHWALBE
stand im Zenith, die Pfeil-
schwester,
die Eins der Luft-Uhr
flog dem Stundenzeiger entgegen,
tief hinein ins Geläut,
der Hai
spie den lebenden Inka aus,
es war Landnahme-Zeit
in Menschland,
alles
ging um,
entsiegelt wie wir.
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EISS
, weiÃ, weiÃ
wie Gittertünche,
reihn die Gesetze sich ein
und marschieren
einwärts.
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NBEDECKTE
. Ganz und gar
Brüstende du.
Entflochten der Brodem vor dir,
im Angesicht aller.
Keines
Atem wächst nach, Un-
umkleidbare.
Der Steinmützenkönig vorn
stürzt von der Steineselskruppe,
die Hände klamm
vorm tittenbeschrieenen
Antlitz.
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CHWEIGESTOSS
gegen dich,
die SchweigestöÃe.
Küstenhaft
lebst du dich fort
in den Umschlaghäfen der Zeit,
in Pistenpaar-Nähe,
wo die kegelköpfige Eis-Crew
die Abstellplätze behimmelt.
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Unentsühnte,
Schlafsüchtige,
von den Göttern Befleckte:
deine Zunge ist ruÃig,
dein Harn schwarz,
wassergallig dein Stuhl,
du führst,
wie ich,
unzüchtige Reden,
du setzt einen Fuà vor den andern,
legst eine Hand auf die andre,
schmiegst dich in Ziegenfell,
du beheiligst
mein Glied.
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im Nacken:
ein Denkspiel,
mitrechnerisch-göttlich,
für die Allonge-
Perücke,
ein Ort,
zukunftsenthüllend,
stahlfiberfroh,
zur Erprobung
des ein-
maligen Herzstichs.
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NGEWINTERTES
Windfeld: hier
muÃt du leben, körnig, granatapfelgleich,
aufgeharscht von
zu verschweigendem Vorfrost,
den Schriftzug der Finsterung mitten
im goldgelben Schatten â doch nie
warst du nur Vogel und Frucht â
der sternbespieenen
Ãberschall-Schwinge,
die du
ersangst.
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RAUSSEN
. Quittengelb weht
ein Stück Halbabend von
der driftenden Gaffel,
die Schwüre,
graurückig, seefest,
rollen
auf die Galion zu,
eine
Henkers-
schlinge, legt sich die Zahl
um den Hals der noch sicht-
baren Figur.
Die Segel braucht keiner zu streichen,
ich Fahrensmann
geh.
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Es war sichtiges Wetter, wir tranken
und grölten den Aschen-Shanty
auf die groÃe Sonnwend-Havarie.
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EDDERGEMÃT
, ich kenn
deine wie Kleinfische wimmelnden
Messer,
härter als ich
lag keiner am Wind,
keinem wie mir
schlug die Hagelbö durch
das seeklar gemesserte
Hirn.
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EIN
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AME
, der nennte:
sein Gleichlaut
knotet uns unters
steifzusingende
Hellzelt.
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Denk dir:
der Moorsoldat von Massada
bringt sich Heimat bei, aufs
unauslöschlichste,
wider
allen Dorn im Draht.
Denk dir:
die Augenlosen ohne Gestalt
führen dich frei durchs Gewühl, du
erstarkst und
erstarkst.
Denk dir: deine
eigene Hand
hat dies wieder
ins Leben empor-
gelittene
Stück
bewohnbarer Erde
gehalten.
Denk dir:
das kam auf mich zu,
namenwach, handwach
für immer,
vom Unbestattbaren her.
den Vernebelungen zuwider,
glüht sich der hängende Leuchter
nach unten, zu uns
Vielarmiger Brand,
sucht jetzt sein Eisen, hört,
woher, aus Menschenhautnähe,
ein Zischen,
findet,
verliert,
schroff
liest sich, minutenlang,
die schwere,
schimmernde
Weisung.
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der vom Botengang helle,
hallende Tag.
Die blühselige Botschaft,
schriller und schriller,
findet zum blutenden Ohr.
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EUTLICH
, weithin, das offne
Umklammerungszeichen,
Entlassen die Liebenden,
auch aus der Ulmwurzel-Haft,
Schwarz-
züngiges, reif, am Sterben,
wird abermals laut, Beglänztes
rückt näher.
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OM
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OCHSEIL
herab-
gezwungen, ermiÃt du,
was zu gewärtigen ist
von soviel Gaben,
Käsig-weiÃes Gesicht
dessen, der über uns herfällt,
Setz die Leuchtzeiger ein, die Leucht-
ziffern,
Sogleich, nach Menschenart,
mischt sich das Dunkel hinzu,
das du herauserkennst
aus all diesen
unbuÃfertigen, unbotmäÃigen
Spielen.
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hinweggewuchtet
das Zeichen, traumstark entbrannt
am Ort, den es nannte.
Jetzt:
Mit dem Sandblatt winken,
bis der Himmel
raucht.
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den beschrifteten
Ankerstein aus?
Mich hält hier nichts,
nicht die Nacht der Lebendigen,
nicht die Nacht der Unbändigen,
nicht die Nacht der Wendigen,
Komm, wälz mit mir den Türstein
vors Unbezwungene Zelt.
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grüngrau, entlassen
ins Enge.
Enthökerte Glutmonde
leuchten
das Kleinstück Welt aus:
das also warst du
auch.
In den Gedächtnislücken
stehn die eigenmächtigen Kerzen
und sprechen Gewalt zu.
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die Schlüsselgewalt.
Der StoÃzahn regiert,
von der Kreidespur her,
gegen die Welt-
sekunde.
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ÃLL DIE
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DNIS
in die Augensäcke,
den Opferruf, die Salzflut,
komm mit mir zu Atem
und drüber hinaus.
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INBRUCH
des Ungeschiedenen
in deine Sprache,
Nachtglast,
Sperrzauber, stärker.
Von fremdem, hohem
Flutgang unterwaschen
dieses
Leben.
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M
IT UNS
, den
Umhergeworfenen, dennoch
Fahrenden:
der eine
unversehrte,
nicht usurpierbare,
aufständische
Gram.