Ahead of All Parting (35 page)

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Authors: Rainer Maria Rilke

BOOK: Ahead of All Parting
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Und höher, die Sterne. Neue. Die Sterne des Leidlands.

Langsam nennt sie die Klage:—Hier,

siehe: den
Reiter
, den
Stab
, und das vollere Sternbild

nennen sie:
Fruchtkranz.
Dann, weiter, dem Pol zu:

Wiege; Weg; Das Brennende Buch; Puppe; Fenster.

Aber im südlichen Himmel, rein wie im Innern

einer gesegneten Hand, das klar erglänzende
M
,

das die Mütter bedeutet ……—

Doch der Tote muß fort, und schweigend bringt ihn die ältere

Klage bis an die Talschlucht,

wo es schimmert im Mondschein:

die Quelle der Freude. In Ehrfurcht

nennt sie sie, sagt:—Bei den Menschen

ist sie ein tragender Strom.—

Stehn am Fuß des Gebirgs.

Und da umarmt sie ihn, weinend.

Einsam steigt er dahin, in die Berge des Ur-Leids.

Und nicht einmal sein Schritt klingt aus dem tonlosen Los.

*

Aber erweckten sie uns, die unendlich Toten, ein Gleichnis,

siehe, sie zeigten vielleicht auf die Kätzchen der leeren

Hasel, die hängenden, oder

meinten den Regen, der fällt auf dunkles Erdreich im Frühjahr.—

Und wir, die an
steigendes
Glück

denken, empfänden die Rührung,

die uns beinah bestürzt,

wenn ein Glückliches
fällt.

 

And higher, the stars. The new stars of the land of grief.

Slowly the Lament names them:—Look, there:

the
Rider
, the
Staff
, and the larger constellation

called
Garland of Fruit.
Then, farther up toward the Pole:

Cradle; Path; The Burning Book; Puppet; Window.

But there, in the southern sky, pure as the lines

on the palm of a blessed hand, the clear sparkling
M

that stands for Mothers ……—

But the dead youth must go on by himself, and silently the elder Lament

takes him as far as the ravine,

where shimmering in the moonlight

is the fountainhead of joy. With reverence

she names it and says: —Among men

it is a mighty stream.—

They stand at the foot of the mountain-range.

And she embraces him, weeping.

Alone, he climbs on, up the mountains of primal grief.

And not once do his footsteps echo from the soundless path.

*

But if the endlessly dead awakened a symbol in us,

perhaps they would point to the catkins hanging from the bare

branches of the hazel-trees, or

would evoke the raindrops that fall onto the dark earth in springtime.—

And we, who have always thought

of happiness as
rising
, would feel

the emotion that almost overwhelms us

whenever a happy thing
falls.

Appendix to Duino Elegies
[FRAGMENT EINER ELEGIE]

Soll ich die Städte rühmen, die überlebenden

(die ich anstaunte) großen Sternbilder der Erde.

Denn nur zum Rühmen noch steht mir das Herz, so gewaltig

weiß ich die Welt. Und selbst meine Klage

wird mir zur Preisung dicht vor dem stöhnenden Herzen.

Sage mir keiner, daß ich die Gegenwart nicht

liebe; ich schwinge in ihr; sie trägt mich, sie giebt mir

diesen geräumigen Tag, den uralten Werktag

daß ich ihn brauche, und wirft in gewährender Großmut

über mein Dasein niegewesene Nächte.

Ihre Hand ist stark über mir und wenn sie im Schicksal

unten mich hielte, vertaucht, ich müßte versuchen

unten zu atmen. Auch bei dem leisesten Auftrag

säng ich sie gerne. Doch vermut ich, sie will nur,

daß ich vibriere wie sie. Einst tönte der Dichter

über die Feldschlacht hinaus; was will eine Stimme

neben dem neuen Gedröhn der metallenen Handlung

drin diese Zeit sich verringt mit anstürmender Zukunft.

Auch bedarf sie des Anrufes kaum, ihr eigener Schlachtlärm

übertönt sich zum Lied. So laßt mich solange

vor Vergehendem stehn; anklagend nicht, aber

noch einmal bewundernd. Und wo mich eines

das mir vor Augen versinkt, etwa zur Klage bewegt

sei es kein Vorwurf für euch. Was sollen jüngere Völker

nicht fortstürmen von dem was der morschen oft

ruhmloser Abbruch begrub. Sehet, es wäre

arg um das Große bestellt, wenn es irgend der Schonung

bedürfte. Wem die Paläste oder der Gärten

Kühnheit nicht mehr, wem Aufstieg und Rückfall

alter Fontänen nicht mehr, wem das Verhaltene

in den Bildern oder der Statuen ewiges Dastehn

nicht mehr die Seele erschreckt und verwandelt, der gehe

diesem hinaus und tue sein Tagwerk; wo anders

lauert das Große auf ihn und wird ihn wo anders

anfalln, daß er sich wehrt.

[FRAGMENT OF AN ELEGY]

Now shall I praise the cities, those long-surviving

(I watched them in awe) great constellations of earth.

For only in praising is my heart still mine, so violently

do I know the world. And even my lament

turns into a paean before my disconsolate heart.

Let no one say that I don’t love life, the eternal

presence: I pulsate in her; she bears me, she gives me

the spaciousness of this day, the primeval workday

for me to make use of, and over my existence flings,

in her magnanimity, nights that have never been.

Her strong hand is above me, and if she should hold me under,

submerged in fate, I would have to learn how to breathe

down there. Even her most lightly-entrusted mission

would fill me with songs of her; although I suspect

that all she wants is for me to be vibrant as she is.

Once poets resounded over the battlefield; what voice

can outshout the rattle of this metallic age

that is struggling on toward its careening future?

And indeed it hardly requires the call, its own battle-din

roars into song. So let me stand for a while

in front of the transient: not accusing, but once again

admiring, marveling. And if perhaps something founders

before my eyes and stirs me into lament,

it is not a reproach. Why shouldn’t more youthful nations

rush past the graveyard of cultures long ago rotten?

How pitiful it would be if greatness needed the slightest

indulgence. Let him whose soul is no longer startled

and transformed by palaces, by gardens’ boldness, by the rising

and falling of ancient fountains, by everything held back

in paintings or by the infinite thereness of statues—

let such a person go out to his daily work, where

greatness is lying in ambush and someday, at some turn,

will leap upon him and force him to fight for his life.

[URSPRÜNGLICHE FASSUNG DER ZEHNTEN ELEGIE]
[Fragmentarisch]

Daß ich dereinst, an dem Ausgang der grimmigen Einsicht

Jubel und Ruhm auf singe zustimmenden Engeln.

Daß von den klar geschlagenen Hämmern des Herzens

keiner versage an weichen, zweifelnden oder

jähzornigen Saiten. Daß mich mein strömendes Antlitz

glänzender mache; daß das unscheinbare Weinen

blühe. O wie werdet ihr dann, Nächte, mir lieb sein,

gehärmte. Daß ich euch knieender nicht, untröstliche Schwestern,

hinnahm, nicht in euer gelöstes

Haar mich gelöster ergab. Wir Vergeuder der Schmerzen.

Wie wir sie absehn voraus in die traurige Dauer,

ob sie nicht enden vielleicht. Sie aber sind ja

Zeiten von uns, unser winter-

währiges Laubwerk, Wiesen, Teiche, angeborene Landschaft,

von Geschöpfen im Schilf und von Vögeln bewohnt.

Oben, der hohen, steht nicht die Hälfte der Himmel

über der Wehmut in uns, der bemühten Natur?

Denk, du beträtest nicht mehr dein verwildertes Leidtum,

sähest die Sterne nicht mehr durch das herbere Blättern

schwärzlichen Schmerzlaubs, und die Trümmer von Schicksal

böte dir höher nicht mehr der vergrößernde Mondschein,

daß du an ihnen dich fühlst wie ein einstiges Volk?

Lächeln auch wäre nicht mehr, das zehrende derer,

die du hinüber verlörest—, so wenig gewaltsam,

eben an dir nur vorbei, traten sie rein in dein Leid.

(Fast wie das Mädchen, das grade dem Freier sich zusprach,

der sie seit Wochen bedrängt, und sie bringt ihn erschrocken

an das Gitter des Gartens, den Mann, der frohlockt und ungern

fortgeht: da stört sie ein Schritt in dem neueren Abschied,

[ORIGINAL VERSION OF THE TENTH ELEGY]
[Fragmentary]

Someday, emerging at last from the violent insight,

let me sing out jubilation and praise to assenting angels.

Let not even one of the clearly-struck hammers of my heart

fail to sound because of a slack, a doubtful,

or an ill-tempered string. Let my joyfully streaming face

make me more radiant; let my hidden weeping arise

and blossom. How dear you will be to me then, you nights

of anguish. Why didn’t I kneel more deeply to accept you,

inconsolable sisters, and, surrendering, lose myself

in your loosened hair. How we squander our hours of pain.

How we gaze beyond them into the bitter duration

to see if they have an end. Though they are really

seasons of us, our winter-

enduring foliage, ponds, meadows, our inborn landscape,

where birds and reed-dwelling creatures are at home.

High overhead, isn’t half of the night sky standing

above the sorrow in us, the disquieted garden?

Imagine that you no longer walked through your grief grown wild,

no longer looked at the stars through the jagged leaves

of the dark tree of pain, and the enlarging moonlight

no longer exalted fate’s ruins so high

that among them you felt like the last of some ancient race.

Nor would smiles any longer exist, the consuming smiles

of those you lost over there—with so little violence,

once they were past, did they purely enter your grief.

(Almost like the girl who has just said yes to the lover

who begged her, so many weeks, and she brings him astonished

to the garden gate and, reluctant, he walks away,

giddy with joy; and then, amid this new parting,

 

und sie wartet und steht und da trifft ihr vollzähliges Aufschaun

ganz in das Aufschaun des Fremden, das Aufschaun der Jungfrau,

die ihn unendlich begreift, den draußen, der ihr bestimmt war,

draußen den wandernden Andern, der ihr ewig bestimmt war.

Hallend geht er vorbei.) So immer verlorst du;

als ein Besitzender nicht: wie sterbend einer,

vorgebeugt in die feucht herwehende Märznacht,

ach, den Frühling verliert in die Kehlen der Vögel.

Viel zu weit gehörst du in’s Leiden. Vergäßest

du die geringste der maßlos er schmerzten Gestalten,

riefst du, schrieest, hoffend auf frühere Neugier,

einen der Engel herbei, der mühsam verdunkelten Ausdrucks

leidunmächtig, immer wieder versuchend,

dir dein Schluchzen damals, um jene, beschriebe.

Engel wie wars? Und er ahmte dir nach und verstünde

nicht daß es Schmerz sei, wie man dem rufenden Vogel

nachformt, die ihn erfüllt, die schuldlose Stimme.

a step disturbs her; she waits; and her glance in its fullness

sinks totally into a stranger’s: her virgin glance

that endlessly comprehends him, the outsider, who was meant for her;

the wandering other, who eternally was meant for her.

Echoing, he walks by.) That is how, always, you lost:

never as one who possesses, but like someone dying

who, bending into the moist breeze of an evening in March,

loses the springtime, alas, in the throats of the birds.

Far too much you belong to grief. If you could forget her—

even the least of these figures so infinitely pained—

you would call down, shout down, hoping they might still be curious,

one of the angels (those beings unmighty in grief)

who, as his face darkened, would try again and again

to describe the way you kept sobbing, long ago, for her.

Angel, what was it like? And he would imitate you and never

understand that it was pain, as after a calling bird

one tries to repeat the innocent voice it is filled with.

GEGEN-STROPHEN

Oh, daß ihr hier, Frauen, einhergeht,

hier unter uns, leidvoll,

nicht geschonter als wir und dennoch imstande,

selig zu machen wie Selige.

Woher,

wenn der Geliebte erscheint,

nehmt ihr die Zukunft?

Mehr, als je sein wird.

Wer die Entfernungen weiß

bis zum äußersten Fixstern,

staunt, wenn er diesen gewahrt,

euern herrlichen Herzraum.

Wie, im Gedräng, spart ihr ihn aus?

Ihr, voll Quellen und Nacht.

Seid ihr wirklich die gleichen,

die, da ihr Kind wart,

unwirsch im Schulgang

anstieß der ältere Bruder?

Ihr Heilen.

Wo wir als Kinder uns schon

häßlich für immer verzerrn,

wart ihr wie Brot vor der Wandlung.

Abbruch der Kindheit

war euch nicht Schaden. Auf einmal

standet ihr da, wie im Gott

plötzlich zum Wunder ergänzt.

Wir, wie gebrochen vom Berg,

oft schon als Knaben scharf

an den Rändern, vielleicht

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