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Authors: Johann Wolfgang Von Goethe

Faust (56 page)

BOOK: Faust
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MEPHISTOPHELES.

 
Da sieh nur, welche bunten Flammen!
 
Es ist ein muntrer Klub beisammen.
 
Im Kleinen ist man nicht allein.

FAUST.

 
Doch droben möcht’ ich lieber sein!
 
Schon seh’ ich Glut und Wirbelrauch.
 
Dort strömt die Menge zu dem Bösen;
4040
Da muß sich manches Rätsel lösen.

MEPHISTOPHELES.

 
Doch manches Rätsel knüpft sich auch.
 
Laß du die große Welt nur sausen,
 
Wir wollen hier im Stillen hausen.
 
Es ist doch lange hergebracht,
 
Daß in der großen Welt man kleine Welten macht.
 
Da seh’ ich junge Hexchen nackt und bloß,
 
Und alte, die sich klug verhüllen.
 
Seid freundlich, nur um meinetwillen;
 
Die Müh’ ist klein, der Spaß ist groß.
4050
Ich höre was von Instrumenten tönen!
 
Verflucht Geschnarr! Man muß sich dran gewöhnen.
 
Komm mit! Komm mit! Es kann nicht anders sein,
 
Ich tret’ heran und führe dich herein,
 
Und ich verbinde dich aufs neue.
 
Was sagst du, Freund? das ist kein kleiner Raum.
 
Da sieh nur hin! du siehst das Ende kaum.
 
Ein Hundert Feuer brennen in der Reihe;
 
Man tanzt, man schwatzt, man kocht, man trinkt, man liebt;
 
Nun sage mir, wo es was Bessers gibt?

FAUST.

4060
Willst du dich nun, um uns hier einzuführen.
 
Als Zaubrer oder Teufel produzieren?

MEPHISTOPHELES.

 
Zwar bin ich sehr gewohnt, inkognito zu gehn,
 
Doch läßt am Galatag man seinen Orden sehn.
 
Ein Knieband zeichnet mich nicht aus,
 
Doch ist der Pferdefuß hier ehrenvoll zu Haus.
 
Siehst du die Schnecke da? Sie kommt herangekrochen;
 
Mit ihrem tastenden Gesicht
 
Hat sie mir schon was abgerochen.
 
Wenn ich auch will, verleugn’ ich hier mich nicht.
4070
Komm nur! von Feuer gehen wir zu Feuer,
 
Ich bin der Werber, und du bist der Freier.
 
        (
Zu einigen, die um verglimmende Kohlen sitzen
.)
 
Ihr alten Herrn, was macht ihr hier am Ende?
 
Ich lobt’ euch, wenn ich euch hübsch in der Mitte fände,
 
Von Saus umzirkt und Jugendbraus;
 
Genug allein ist jeder ja zu Haus.

GENERAL.

 
Wer mag auf Nationen trauen,
 
Man habe noch so viel für sie getan;
 
Denn bei dem Volk, wie bei den Frauen,
 
Steht immerfort die Jugend oben an.

MINISTER.

4080
Jetzt ist man von dem Rechten allzu weit,
 
Ich lobe mir die guten Alten;
 
Denn freilich, da wir alles galten,
 
Da war die rechte goldne Zeit.

PARVENU.

 
Wir waren wahrlich auch nicht dumm,
 
Und taten oft, was wir nicht sollten;
 
Doch jetzo kehrt sich alles um und um,
 
Und eben da wir’s fest erhalten wollten.

AUTOR.

 
Wer mag wohl überhaupt jetzt eine Schrift
 
Von mäßig klugem Inhalt lesen!
4090
Und was das liebe junge Volk betrifft,
 
Das ist noch nie so naseweis gewesen.

MEPHISTOPHELES
(
der auf einmal sehr alt erscheint
)
.

 
Zum jüngsten Tag fühl’ ich das Volk gereift,
 
Da ich zum letzten Mal den Hexenberg ersteige,
 
Und weil mein Fäßchen trübe läuft,
 
So ist die Welt auch auf der Neige.

TRÖDELHEXE.

 
Ihr Herren, geht nicht so vorbei!
 
Laßt die Gelegenheit nicht fahren!
 
Aufmerksam blickt nach meinen Waren,
 
Es steht dahier gar mancherlei.
4100
Und doch ist nichts in meinem Laden,
 
Dem keiner auf der Erde gleicht,
 
Das nicht einmal zum tücht’gen Schaden
 
Der Menschen und der Welt gereicht.
 
Kein Dolch ist hier, von dem nicht Blut geflossen,
 
Kein Kelch, aus dem sich nicht, in ganz gesunden Leib,
 
Verzehrend heißes Gift ergossen,
 
Kein Schmuck, der nicht ein liebenswürdig Weib
 
Verführt, kein Schwert, das nicht den Bund gebrochen,
 
Nicht etwa hinterrücks den Gegenmann durchstochen.

MEPHISTOPHELES.

4110
Frau Muhme! Sie versteht mir schlecht die Zeiten.
 
Getan geschehn! Geschehn getan!
 
Verleg’ Sie sich auf Neuigkeiten!
 
Nur Neuigkeiten ziehn uns an.

FAUST.

 
Daß ich mich nur nicht selbst vergesse!
 
Heiß’ ich mir das doch eine Messe!

MEPHISTOPHELES.

 
Der ganze Strudel strebt nach oben;
 
Du glaubst zu schieben und du wirst geschoben.

FAUST.

 
Wer ist denn das?

MEPHISTOPHELES.

 
                                   Betrachte sie genau!
 
Lilith ist das.

FAUST.

 
                                   Wer?

MEPHISTOPHELES.

 
                                   Adams erste Frau.
4120
Nimm dich in acht vor ihren schönen Haaren,
 
Vor diesem Schmuck, mit dem sie einzig prangt.
 
Wenn sie damit den jungen Mann erlangt,
 
So läßt sie ihn so bald nicht wieder fahren.

FAUST.

 
Da sitzen zwei, die Alte mit der Jungen;
 
Die haben schon was Rechts gesprungen!

MEPHISTOPHELES.

 
Das hat nun heute keine Ruh.
 
Es geht zum neuen Tanz; nun komm! wir greifen zu.

FAUST
(
mit der
JUNGEN
tanzend
)
.

 
Einst hatt’ ich einen schönen Traum:
 
Da sah ich einen Apfelbaum,
4130
Zwei schöne Äpfel glänzten dran,
 
Sie reizten mich, ich stieg hinan.

DIE SCHÖNE.

 
Der Äpfelchen begehrt ihr sehr,
 
Und schon vom Paradiese her.
 
Von Freuden fühl’ ich mich bewegt,
 
Daß auch mein Garten solche trägt.

MEPHISTOPHELES
(
mit der
ALTEN
).

 
Einst hatt’ ich einen wüsten Traum;
 
Da sah ich einen gespaltnen Baum,
 
Der hatt’ ein———;
 
So—es war, gefiel mir’s doch.

DIE ALTE.

4140
Ich biete meinen besten Gruß
 
Dem Ritter mit dem Pferdefuß!
 
Halt’ Er einen——bereit,
 
Wenn Er———nicht scheut.

PROKTOPHANTASMIST.

 
Verfluchtes Volk! was untersteht ihr euch?
 
Hat man euch lange nicht bewiesen:
 
Ein Geist steht nie auf ordentlichen Füßen?
 
Nun tanzt ihr gar, uns andern Menschen gleich!

DIE SCHÖNE
(
tanzend
)
.

 
Was will denn der auf unserm Ball?

FAUST
(
tanzend
)
.

 
Ei! der ist eben überall.
4150
Was andre tanzen, muß er schätzen.
 
Kann er nicht jeden Schritt beschwätzen,
 
So ist der Schritt so gut als nicht geschehn.
 
Am meisten ärgert ihn, sobald wir vorwärtsgehn.
 
Wenn ihr euch so im Kreise drehen wolltet,
 
Wie er’s in seiner alten Mühle tut,
 
Das hieß’ er allenfalls noch gut;
 
Besonders wenn ihr ihn darum begrüßen solltet.

PROKTOPHANTASMIST.

 
Ihr seid noch immer da! Nein, das ist unerhört.
 
Verschwindet doch! Wir haben ja aufgeklärt!
4160
Das Teufelspack, es fragt nach keiner Regel.
 
Wir sind so klug, und dennoch spukt’s in Tegel.
 
Wie lange hab’ icht nicht am Wahn hinausgekehrt,
 
Und nie wird’s rein; das ist doch unerhört!

DIE SCHÖNE.

 
So hört doch auf, uns hier zu ennuyieren!

PROKTOPHANTASMIST.

 
Ich sag’s euch Geistern ins Gesicht,
 
Den Geistesdespotismus leid’ ich nicht;
 
Mein Geist kann ihn nicht exerzieren.
 
        (
Es wird fortgetanzt
.)
 
Heut’, seh’ ich, will mir nichts gelingen;
 
Doch eine Reise nehm’ ich immer mit
4170
Und hoffe noch, vor meinem letzten Schritt,
 
Die Teufel und die Dichter zu bezwingen.

MEPHISTOPHELES.

 
Er wird sich gleich in eine Pfütze setzen,
 
Das ist die Art, wie er sich soulagiert,
 
Und wenn Blutegel sich an seinem Steiß ergetzen,
 
Ist er von Geistern und von Geist kuriert.
 
        (
Zu
FAUST
,
der aus dem Tanz getreten ist
.)
 
Was lässest du das schöne Mädchen fahren,
 
Das dir zum Tanz so lieblich sang?

FAUST.

 
Ach! mitten im Gesange sprang
 
Ein rotes Mäuschen ihr aus dem Munde.

MEPHISTOPHELES.

4180
Das ist was Rechts! das nimmt man nicht genau;
 
Genug, die Maus wår doch nicht grau.
 
Wer fragt darnach in einer Schäferstunde?

FAUST.

 
Dann sah ich—

MEPHISTOPHELES.

 
                                   Was?

FAUST.

 
                                   Mephisto, siehst du dort
 
Ein blasses, schönes Kind allein und ferne stehen?
 
Sie schiebt sich langsam nur vom Ort,
 
Sie scheint mit geschloßnen Füßen zu gehen.
 
Ich muß bekennen, daß mir deucht,
 
Daß sie dem guten Gretchen gleicht.

MEPHISTOPHELES.

 
Laß das nur stehn! dabei wird’s niemand wohl.
4190
Es ist ein Zauberbild, ist leblos, ein Idol.
 
Ihm zu begegnen, ist nicht gut;
 
Vom starren Blick erstarrt des Menschen Blut,
 
Und er wird fast in Stein verkehrt,
 
Von der Meduse hast du ja gehört.
BOOK: Faust
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