Faust (39 page)

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Authors: Johann Wolfgang Von Goethe

BOOK: Faust
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MEPHISTOPHELES.

 
Wozu der Lärm? was steht dem Herrn zu Diensten?

FAUST.

 
Das also war des Pudels Kern!
 
Ein fahrender Skolast? Der Casus macht mich lachen.

MEPHISTOPHELES.

 
Ich salutiere den gelehrten Herrn!
 
Ihr habt mich weidlich schwitzen machen.

FAUST.

 
Wie nennst du dich?

MEPHISTOPHELES.

 
                                   Die Frage scheint mir klein
 
Für einen, der das Wort so sehr verachtet,
 
Der, weit entfernt von allem Schein,
1330
Nur in der Wesen Tiefe trachtet.

FAUST.

 
Bei euch, ihr Herrn, kann man das Wesen
 
Gewöhnlich aus dem Namen lesen,
 
Wo es sich allzudeutlich weist,
 
Wenn man euch Fliegengott, Verderber, Lügner heißt.
 
Nun gut, wer bist du denn?

MEPHISTOPHELES.

 
                                                  Ein Teil von jener Kraft,
 
Die stets das Böse will und stets das Gute schafft.

FAUST.

 
Was ist mit diesem Rätselwort gemeint?

MEPHISTOPHELES.

 
Ich bin der Geist, der stets verneint!
 
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
1340
Ist wert, daß es zugrunde geht;
 
Drum besser wär’s, daß nichts entstünde.
 
So ist denn alles, was ihr Sünde,
 
Zerstörung, kurz das Böse nennt,
 
Mein eigentliches Element.

FAUST.

 
Du nennst dich einen Teil, und stehst doch ganz vor mir?

MEPHISTOPHELES.

 
Bescheidne Wahrheit sprech’ ich dir.
 
Wenn sich der Mensch, die kleine Narrenwelt,
 
Gewöhnlich für ein Ganzes hält—
 
Ich bin ein Teil des Teils, der anfangs alles war,
1350
Ein Teil der Finsternis, die sich das Licht gebar,
 
Das stolze Licht, das nun der Mutter Nacht
 
Den alten Rang, den Raum ihr streitig macht,
 
Und doch gelingt’s ihm nicht, da es, so viel es strebt,
 
Verhaftet an den Körpern klebt.
 
Von Körpern strömt’s, die Körper macht es schön,
 
Ein Körper hemmt’s auf seinem Gange,
 
So hoff’ ich, dauert es nicht lange,
 
Und mit den Körpern wird’s zugrunde gehn.

FAUST.

 
Nun kenn’ ich deine würd’gen Pflichten!
1360
Du kannst im Großen nichts vernichten
 
Und fängst es nun im Kleinen an.

MEPHISTOPHELES.

 
Und freilich ist nicht viel damit getan.
 
Was sich dem Nichts entgegenstellt,
 
Das Etwas, diese plumpe Welt,
 
So viel als ich schon unternommen,
 
Ich wußte nicht ihr beizukommen,
 
Mit Wellen, Stürmen, Schütteln, Brand—
 
Geruhig bleibt am Ende Meer und Land!
 
Und dem verdammten Zeug, der Tier- und Menschenbrut,
1370
Dem ist nun gar nichts anzuhaben:
 
Wie viele hab’ ich schon begraben!
 
Und immer zirkuliert ein neues, frisches Blut.
 
So geht es fort, man möchte rasend werden!
 
Der Luft, dem Wasser, wie der Erden
 
Entwinden tausend Keime sich,
 
Im Trocknen, Feuchten, Warmen, Kalten!
 
Hätt’ ich mir nicht die Flamme vorbehalten,
 
Ich hätte nichts Aparts für mich.

FAUST.

 
So setzest du der ewig regen,
1380
Der heilsam schaffenden Gewalt
 
Die kalte Teufelsfaust entgegen,
 
Die sich vergebens tückisch ballt!
 
Was anders suche zu beginnen,
 
Des Chaos wunderlicher Sohn!

MEPHISTOPHELES.

 
Wir wollen wirklich uns besinnen,
 
Die nächsten Male mehr davon!
 
Dürft’ ich wohl diesmal mich entfernen?

FAUST.

 
Ich sehe nicht, warum du fragst.
 
Ich habe jetzt dich kennen lernen,
1390
Besuche nun mich, wie du magst.
 
Hier ist das Fenster, hier die Türe,
 
Ein Rauchfang ist dir auch gewiß.

MEPHISTOPHELES.

 
Gesteh’ ich’s nur! daß ich hinausspaziere,
 
Verbietet mir ein kleines Hindernis,
 
Der Drudenfuß auf Eurer Schwelle—

FAUST.

 
Das Pentagramma macht dir Pein?
 
Ei sage mir, du Sohn der Hölle,
 
Wenn das dich bannt, wie kamst du denn herein?
 
Wie ward ein solcher Geist betrogen?

MEPHISTOPHELES.

1400
Beschaut es recht! Es ist nicht gut gezogen;
 
Der eine Winkel, der nach außen zu,
 
Ist, wie du siehst, ein wenig offen.

FAUST.

 
Das hat der Zufall gut getroffen!
 
Und mein Gefangner wärst denn du?
 
Das ist von ungefähr gelungen!

MEPHISTOPHELES.

 
Der Pudel merkte nichts, als er hereingesprungen,
 
Die Sache sieht jetzt anders aus:
 
Der Teufel kann nicht aus dem Haus.

FAUST.

 
Doch warum gehst du nicht durchs Fenster?

MEPHISTOPHELES.

1410
’s ist ein Gesetz der Teufel und Gespenster:
 
Wo sie hereingeschlüpft, da müssen sie hinaus.
 
Das erste steht uns frei, beim zweiten sind wir Knechte.

FAUST.

 
Die Hölle selbst hat ihre Rechte?
 
Das find’ ich gut, da ließe sich ein Pakt,
 
Und sicher wohl, mit euch, ihr Herren, schließen?

MEPHISTOPHELES.

 
Was man verspricht, das sollst du rein genießen,
 
Dir wird davon nichts abgezwackt.
 
Doch das ist nicht so kurz zu fassen,
 
Und wir besprechen das zunächst;
1420
Doch jetzo bitt’ ich hoch und höchst,
 
Für dieses Mal mich zu entlassen.

FAUST.

 
So bleibe doch noch einen Augenblick,
 
Um mir erst gute Mär zu sagen.

MEPHISTOPHELES.

 
Jetzt laß mich los! Ich komme bald zurück,
 
Dann magst du nach Belieben fragen.

FAUST.

 
Ich habe dir nicht nachgestellt,
 
Bist du doch selbst ins Garn gegangen.
 
Den Teufel halte, wer ihn hält!
 
Er wird ihn nicht so bald zum zweiten Male fangen.

MEPHISTOPHELES.

1430
Wenn dir’s beliebt, so bin ich auch bereit,
 
Dir zur Gesellschaft hier zu bleiben;
 
Doch mit Bedingnis, dir die Zeit
 
Durch meine Künste würdig zu vertreiben.

FAUST.

 
Ich seh’ es gem, das steht dir frei;
 
Nur daß die Kunst gefällig sei!

MEPHISTOPHELES.

 
Du wirst, mein Freund, für deine Sinnen
 
In dieser Stunde mehr gewinnen
 
Als in des Jahres Einerlei.
 
Was dir die zarten Geister singen,
1440
Die schönen Bilder, die sie bringen,
 
Sind nicht ein leeres Zauberspiel.
 
Auch dein Geruch wird sich ergetzen,
 
Dann wirst du deinen Gaumen letzen,
 
Und dann entzückt sich dein Gefühl.
 
Bereitung braucht es nicht voran,
 
Beisammen sind wir, fanget an!

GEISTER.

 
              Schwindet, ihr dunkeln
 
              Wölbungen droben!
 
              Reizender schaue
1450
              Freundlich der blaue
 
              Äther herein!
 
              Wären die dunkeln
 
              Wolken zerronnen!
 
              Sternelein funkeln,
 
              Mildere Sonnen
 
              Scheinen darein.
 
              Himmlischer Söhne
 
              Geistige Schöne,
 
              
Schwankende Beugung
1460
              Schwebet vorüber.
 
              Sehnende Neigung
 
              Folget hinüber;
 
              Und der Gewänder
 
              Flatternde Bänder
 
              Decken die Länder,
 
              Decken die Laube,
 
              Wo sich fürs Leben,
 
              Tief in Gedanken,
 
              Liebende geben.
1470
              Laube bei Laube!
 
              Sprossende Ranken!
 
              Lastende Traube
 
              Stürzt ins Behälter
 
              Drängender Kelter,
 
              Stürzen in Bächen
 
              Schäumende Weine,
 
              Rieseln durch reine,
 
              Edle Gesteine,
 
              Lassen die Höhen
1480
              Hinter sich liegen,
 
              Breiten zu Seen
 
              Sich ums Genügen
 
              Grünender Hügel.
 
              Und das Geflügel
 
              Schlürfet sich Wonne,
 
              Flieget der Sonne,
 
              Flieget den hellen
 
              Inseln entgegen,
 
              Die sich auf Wellen
1490
              Gauklend bewegen;
 
              Wo wir in Chören
 
              Jauchzende hören,
 
              
Über den Auen
 
              Tanzende schauen,
 
              Die sich im Freien
 
              Alle zerstreuen.
 
              Einige klimmen
 
              Über die Höhen,
 
              Andere schwimmen
1500
              Über die Seen,
 
              Andere schweben;
 
              Alle zum Leben,
 
              Alle zur Ferne
 
              Liebender Sterne,
 
              Seliger Huld.

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