Read Ahead of All Parting Online
Authors: Rainer Maria Rilke
Once. You lamented? What was it? A fallen berry
of jubilation, unripe.
But now the whole tree of my jubilation
is breaking, in the storm it is breaking, my slow
tree of joy.
Loveliest in my invisible
landscape, you that made me more known
to the invisible angels.
(‘Papyrus Prisse’. Aus den Sprüchen des Ptah-hotep
,
Handschrift um 2000 v. Ch.)
‘Man muß sterben weil man sie kennt.’ Sterben
an der unsäglichen Blüte des Lächelns. Sterben
an ihren leichten Händen. Sterben
an Frauen.
Singe der Jüngling die tödlichen,
wenn sie ihm hoch durch den Herzraum
wandeln. Aus seiner blühenden Brust
sing er sie an:
unerreichbare! Ach, wie sie fremd sind.
Über den Gipfeln
seines Gefühls gehn sie hervor und ergießen
süß verwandelte Nacht ins verlassene
Tal seiner Arme. Es rauscht
Wind ihres Aufgangs im Laub seines Leibes. Es glänzen
seine Bäche dahin.
Aber der Mann
schweige erschütterter. Er, der
pfadlos die Nacht im Gebirg
seiner Gefühle geirrt hat:
schweige.
Wie der Seemann schweigt, der ältere,
und die bestandenen
Schrecken spielen in ihm wie in zitternden Käfigen.
(Papyrus Prisse. From the sayings of Ptah-hotep
,
manuscript from ca. 2000
B.C.
)
‘We must die because we have known them.’ Die
of their smile’s unsayable flower. Die
of their delicate hands. Die
of women.
Let the young man sing of them, praise
these death-bringers, when they move through his heart-space,
high overhead. From his blossoming breast
let him sing to them:
unattainable! Ah, how distant they are.
Over the peaks
of his feeling, they float and pour down
sweetly transfigured night into the abandoned
valley of his arms. The wind
of their rising rustles in the leaves of his body. His brooks run
sparkling into the distance.
But the grown man
shudders and is silent. The man who
has wandered pathless at night
in the mountain-range of his feelings:
is silent.
As the old sailor is silent,
and the terrors that he has endured
play inside him as though in quivering cages.
Verweilung, auch am Vertrautesten nicht,
ist uns gegeben; aus den erfüllten
Bildern stürzt der Geist zu plötzlich zu füllenden; Seen
sind erst im Ewigen. Hier ist Fallen
das Tüchtigste. Aus dem gekonnten Gefühl
überfallen hinab ins geahndete, weiter.
Dir, du Herrlicher, war, dir war, du Beschwörer, ein ganzes
Leben das dringende Bild, wenn du es aussprachst,
die Zeile schloß sich wie Schicksal, ein Tod war
selbst in der lindesten, und du betratest ihn; aber
der vorgehende Gott führte dich drüben hervor.
O du wandelnder Geist, du wandelndster! Wie sie doch alle
wohnen im warmen Gedicht, häuslich, und lang
bleiben im schmalen Vergleich. Teilnehmende. Du nur
ziehst wie der Mond. Und unten hellt und verdunkelt
deine nächtliche sich, die heilig erschrockene Landschaft,
die du in Abschieden fühlst. Keiner
gab sie erhabener hin, gab sie ans Ganze
heiler zurück, unbedürftiger. So auch
spieltest du heilig durch nicht mehr gerechnete Jahre
mit dem unendlichen Glück, als wär es nicht innen, läge
keinem gehörend im sanften
Rasen der Erde umher, von göttlichen Kindern verlassen.
Ach, was die Höchsten begehren, du legtest es wunschlos
Baustein auf Baustein: es stand. Doch selber sein Umsturz
irrte dich nicht.
Was, da ein solcher, Ewiger, war, mißtraun wir
immer dem Irdischen noch? Statt am Vorläufigen ernst
die Gefühle zu lernen für welche
Neigung, künftig im Raum?
We are not permitted to linger, even with what is most
intimate. From images that are full, the spirit
plunges on to others that suddenly must be filled;
there are no lakes till eternity. Here,
falling is best. To fall from the mastered emotion
into the guessed-at, and onward.
To you, O majestic poet, to you the compelling image,
O caster of spells, was a life, entire; when you uttered it
a line snapped shut like fate, there was a death
even in the mildest, and you walked straight into it; but
the god who preceded you led you out and beyond it.
O wandering spirit, most wandering of all! How snugly
the others live in their heated poems and stay,
content, in their narrow similes. Taking part. Only you
move like the moon. And underneath brightens and darkens
the nocturnal landscape, the holy, the terrified landscape,
which you feel in departures. No one
gave it away more sublimely, gave it back
more fully to the universe, without any need to hold on.
Thus for years that you no longer counted, holy, you played
with infinite joy, as though it were not inside you,
but lay, belonging to no one, all around
on the gentle lawns of the earth, where the godlike children had left it.
Ah, what the greatest have longed for: you built it, free of desire,
stone upon stone, till it stood. And when it collapsed,
even then you weren’t bewildered.
Why, after such an eternal life, do we still
mistrust the earthly? Instead of patiently learning from transience
the emotions for what future
slopes of the heart, in pure space?
Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens. Siehe, wie klein dort,
siehe: die letzte Ortschaft der Worte, und höher,
aber wie klein auch, noch ein letztes
Gehöft von Gefühl. Erkennst du’s?
Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens. Steingrund
unter den Händen. Hier blüht wohl
einiges auf; aus stummem Absturz
blüht ein unwissendes Kraut singend hervor.
Aber der Wissende? Ach, der zu wissen begann
und schweigt nun, augesetzt auf den Bergen des Herzens.
Da geht wohl, heilen Bewußtseins,
manches umher, manches gesicherte Bergtier,
wechselt und weilt. Und der große geborgene Vogel
kreist um der Gipfel reine Verweigerung.—Aber
ungeborgen, hier auf den Bergen des Herzens.…
Exposed on the cliffs of the heart. Look, how tiny down there,
look: the last village of words and, higher,
(but how tiny) still one last
farmhouse of feeling. Can you see it?
Exposed on the cliffs of the heart. Stoneground
under your hands. Even here, though,
something can bloom; on a silent cliff-edge
an unknowing plant blooms, singing, into the air.
But the one who knows? Ah, he began to know
and is quiet now, exposed on the cliffs of the heart.
While, with their full awareness,
many sure-footed mountain animals pass
or linger. And the great sheltered bird flies, slowly
circling, around the peak’s pure denial.—But
without a shelter, here on the cliffs of the heart.…
Immer wieder, ob wir der Liebe Landschaft auch kennen
und den kleinen Kirchhof mit seinen klagenden Namen
und die furchtbar verschweigende Schlucht, in welcher die andern
enden: immer wieder gehn wir zu zweien hinaus
unter die alten Bäume, lagern uns immer wieder
zwischen die Blumen, gegenüber dem Himmel.
Again and again, however we know the landscape of love
and the little churchyard there, with its sorrowing names,
and the frighteningly silent abyss into which the others
fall: again and again the two of us walk out together
under the ancient trees, lie down again and again
among the flowers, face to face with the sky.
Da steht der Tod, ein bläulicher Absud
in einer Tasse ohne Untersatz.
Ein wunderlicher Platz für eine Tasse:
steht auf dem Rücken einer Hand. Ganz gut
erkennt man noch an dem glasierten Schwung
den Bruch des Henkels. Staubig. Und:
‘Hoff-nung’
an ihrem Bug in aufgebrauchter Schrift.
Das hat der Trinker, den der Trank betrifft,
bei einem fernen Frühstück ab-gelesen.
Was sind denn das für Wesen,
die man zuletzt wegschrecken muß mit Gift?
Blieben sie sonst? Sind sie denn hier vernarrt
in dieses Essen voller Hindernis?
Man muß ihnen die harte Gegenwart
ausnehmen, wie ein künstliches Gebiß.
Dann lallen sie. Gelall, Gelall. . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
O Sternenfall,
von einer Brücke einmal eingesehn—:
Dich nicht vergessen. Stehn!
There stands death, a bluish distillate
in a cup without a saucer. Such a strange
place to find a cup: standing on
the back of a hand. One recognizes clearly
the line along the glazed curve, where the handle
snapped. Covered with dust. And
HOPE
is written
across the side, in faded Gothic letters.
The man who was to drink out of that cup
read it aloud at breakfast, long ago.
What kind of beings are they then,
who finally must be scared away by poison?
Otherwise would they stay here? Would they keep
chewing so foolishly on their own frustration?
The hard present moment must be pulled
out of them, like a set of false teeth. Then
they mumble. They go on mumbling, mumbling. . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
O shooting star
that fell into my eyes and through my body—:
Not to forget you. To endure.
Musik: Atem der Statuen. Vielleicht:
Stille der Bilder. Du Sprache wo Sprachen
enden. Du Zeit,
die senkrecht steht auf der Richtung vergehender Herzen.
Gefühle zu wem? O du der Gefühle
Wandlung in was?—: in hörbare Landschaft.
Du Fremde: Musik. Du uns entwachsener
Herzraum. Innigstes unser,
das, uns übersteigend, hinausdrängt,—
heiliger Abschied:
da uns das Innre umsteht
als geübteste Ferne, als andre
Seite der Luft:
rein,
riesig,
nicht mehr bewohnbar.
Music: breathing of statues. Perhaps:
silence of paintings. You language where all language
ends. You time
standing vertically on the motion of mortal hearts.
Feelings for whom? O you the transformation
of feelings into what?—: into audible landscape.
You stranger: music. You heart-space
grown out of us. The deepest space
in
us,
which, rising above us, forces its way out,—
holy departure:
when the innermost point in us stands
outside, as the most practiced distance, as the other
side of the air:
pure,
boundless,
no longer habitable.
Du nur, einzig du
bist.
Wir aber gehn hin, bis einmal
unsres Vergehens so viel ist,
daß du entstehst: Augenblick,
schöner, plötzlicher,
in der Liebe entstehst oder,
entzückt, in des Werkes Verkürzung.
Dein bin ich, dein; wieviel mir die Zeit auch
anhat. Von dir zu dir
bin ich befohlen. Dazwischen
hängt die Guirlande im Zufall, daß aber du sie
auf- und auf- und aufnimmst:
siehe: die Feste!
You, you only, exist.
We
pass away, till at last,
our passing is so immense
that you arise: beautiful moment,
in all your suddenness,
arising in love, or enchanted
in the contraction of work.
To you I belong, however time may
wear me away. From you to you
I go commanded. In between
the garland is hanging in chance; but if you
take it up and up and up: look:
all becomes festival!
Kleine Motten taumeln schauernd quer aus dem Buchs;
sie sterben heute Abend und werden nie wissen,
daß es nicht Frühling war.
Little moths stagger quivering out of the hedge;
they will die tonight and will never know
that it wasn’t spring.
Wir, in den ringenden Nächten,
wir fallen von Nähe zu Nähe;
und wo die Liebende taut,
sind wir ein stürzender Stein.
We, in the struggling nights,
keep falling from nearness to nearness;
where the woman in love is dew,
we are a plummeting stone.
Tränen, die innigsten,
steigen
!