Meat (8 page)

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Authors: Joseph D'Lacey

Tags: #Fiction, #Horror, #Thrillers, #Suspense, #Science Fiction, #General, #General Fiction

BOOK: Meat
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Die Kuh, der er sich gerade widmete, stieß einen zischenden Laut aus, und ihm wurde bewusst, dass er zu kräftig massierte.

»Hey, ganz ruhig. Tut mir leid, altes Mädchen. Hier, wie ist das? Besser?«

Er nahm den Druck etwas zurück, arbeitete den »Schönheitsbalsam« behutsamer in die geschwollenen Zitzen zwischen seinen schwieligen Fingern. Das Zischen ließ nach.

Eine Kuh nach der anderen ließ er hinaus zum Rest der Herde. Nach einiger Zeit war er alleine mit WEISS-047. Sein Herzschlag beschleunigte sich, als er sich ihr näherte, und ― er hatte keine Ahnung, warum ― sein unterer Rücken begann zu schmerzen. Er schluckte wiederholt, aber sein Mund und seine Kehle wollten einfach nicht feuchter werden. Er ignorierte die Erektion und die ungewöhnliche Hitze in seinem Schritt.

Als er vor der Kuh stand, war er einmal mehr von ihrem Aussehen verblüfft. Sie unterschied sich definitiv von allen anderen. Aber worin? Er betrachtete sie so lange, bis sein Blick zu einem gedankenlosen Starren wurde. Allein ihr nervöses Scharren an ihren Melkfesseln holte ihn aus seinen Tagträumen.

 

Sie hatte glücklicherweise nur oberflächlichen Schaden genommen. Die Wasserstrahlen konnten noch nicht länger als ein paar Minuten auf sie gerichtet gewesen sein, als er
die beiden Kretins erwischt hatte. Dort wo der hohe Druck ihre Haut wundgescheuert hatte, konnte er gerötete Bereiche ausmachen. Auf den ausgeprägten Kurven ihrer Schenkel begannen Blutergüsse zu erblühen.

»Das wird niemals wieder geschehen, mein Mädel. Das verspricht dir Mr. Snipe. Ich habe ihnen geholfen, zu begreifen, dass ihr Handeln unrecht war. Ich habe sie Respekt gelehrt.«

Er trat zu der Kuh in den Stall, und sie wich ihm so weit aus, wie es ihre Fesseln zuließen. Nicht ihre übliche Reaktion.

Diese dämlichen Bastarde.

»Jetzt ist doch alles gut. Mr. Snipe wird dir nicht wehtun. Mr. Snipe kümmert sich darum, dass du gesund bleibst.«

Mit flatternden Händen holte er das Glas mit »Schönheitsbalsam« heraus und schraubte den Deckel auf. Er nahm eine größere Portion auf den Finger, als er sie anderen Kühen zugestand, stellte das Glas auf die Trennwand und verteilte die Creme gleichmäßig auf beide Hände. Eng an das Tier gepresst, verstrich er die schmierige Substanz um ihre wund aussehenden Zitzen. Während er massierte, verfiel er in eine Art Trance. Sein Puls hämmerte in seinem Schritt.

»Wunderschönes, üppiges Wesen«, schmachtete er. »Wunderschönes, wunderschönes Mädchen. Mr. Snipe macht, dass alles wieder gut wird.«

WEISS-047 schreckte vor der Berührung zurück, aber sie konnte nirgendwohin ausweichen. Snipe bemerkte es nicht einmal. Minuten vergingen, und er fühlte, wie allmählich etwas Feuchtes in seiner Unterwäsche ausströmte. Er wechselte die Position, um der Kuh noch näher zu sein, und stieß dabei den »Schönheitsbalsam« mit dem Ellbogen von der Kante des Verschlags. Er fiel wie in Zeitlupe,
schlug lautlos auf, blieb dabei aber wie durch ein Wunder unversehrt. Snipe ging auf die Knie, um ihn aufzuheben, und kam mit dem Gesicht ganz nah an die unbehaarte Vulva der Kuh. Sie verströmte einen Duft, eine einzelne Note unter der Vielzahl, die den Geruch der Milchkuhherde ausmachten. Er war einzigartig. Genau wie alles andere an WEISS-047.

Der Geruch erregte ihn auf die gleiche Weise, wie ― so nahm er zumindest an ― Frauen hofften, dass ihr Parfüm ihre Ehemänner erregt. Auf dem Beton hockend hielt er inne, seine Nase nur wenige Zentimeter von der Haut der Kuh entfernt, der »Schönheitsbalsam« vergessen auf dem kalten, feuchten Boden. Er zog den Duft tief durch die Nase, bis er jeden Winkel seiner Vorstellung erfüllte. Etwas, ein Teil von ihm, löste sich als Tropfen von seiner stratosphärischen Leine und stürzte dem Boden entgegen.

Er tauchte nach dem Geschlecht der Kuh und presste sein Gesicht leckend, schniefend und schnüffelnd hinein. Die Kuh zischte, aber er hörte es nicht. Er weinte, sein Gesicht feucht vor Entzücken. Er stemmte sich auf die wackeligen Beine und blickte WEISS-047 an, als sähe er sie zum ersten Mal. Aber ihr Blick war nicht der, den er sich erhofft hatte. Es war ein wissender Blick voll der Abscheu, der Hilflosigkeit und des Hasses. Ihre Augen waren kalt. Er drehte sie von sich weg. Er knöpfte seine Hose auf und riss sie mit zittrigen Händen herunter. Er schob sich gegen sie, und die Melkfesseln strafften sich. Sie akzeptierte ihn nicht. Völlig außer sich, griff er noch einmal nach dem »Schönheitsbalsam«, steckte zwei Finger in das Glas und klatschte den Klumpen Schmiere zwischen die Beine der Kuh.

Halb lachend, halb weinend, zwängte er sich erneut in sie hinein und verlor sich dort völlig. Es brauchte nur diesen einen Schub. Ein Spasmus durchfuhr seinen Körper, und er
legte seinen Kopf gegen ihren Rücken. Dabei vergoss er immer noch Tränen, die er selbst nicht verstand.

Er hatte ihre Schritte noch nie gehört, wenn sie kamen. Für ein paar Augenblicke schmiegte er sich noch eng an das Tier, bis eine heftige Kontraktion ihn zwang, sich zurückzuziehen. Er zog seine Hose hoch, stopfte sein Hemd hinein und drehte sich herum. Sie waren alle da: Harrison, Maid-well, Roach und Parfitt. Sie trugen alle Freizeitkleidung. Breitbeinig. Die Arme verschränkt. Ausnahmsweise lachten sie einmal nicht.

Voller Angst, gleich Prügel zu beziehen, begann Snipe zu stammeln.

»Hört mal, Leute ... das ist nicht, wonach es aussieht. Ich meine ...«

»Halt's Maul, Snipe«, sagte Roach. »Du steckst ordentlich in der Scheiße.«

»Es gibt eine Erklärung dafür, das versichere ich euch. Ich ...«

»Du kannst es Magnus erklären.«

Die Schamesröte wich von seinem Gesicht und hinterließ es fahl und grau. Die Melkhilfen krümmten keinen Finger. Sie wandten sich ab und gingen, das Geräusch ihrer Stiefel echote über den feuchten Beton.

»Jungs! Jungs? Bitte. Tut das nicht, bitte.« Die Hände dem verlassenen Milchhof entgegengestreckt, sank er auf die Knie. »Biiiitte«, bettelte er.

Aber die Melkhilfen waren weg.

  
5

 

»Wir sollten beten«, sagte Pastorin Mary Simonson von der Fürsorge. »Lasst uns an den Händen halten.«

Die Mädchen, vom Fieber weitestgehend genesen, hielten einander ohne zu zögern die Hand. Aber die Pastorin saß zwischen ihnen und ihrem Vater. Die Pastorin streckte die Hand aus und ergriff Hemas Finger, bevor sie diese wegziehen konnte. Der ungewollte Griff ging mit einem Lächeln einher. Maya nahm Harshas schmale, heiße Hand mit ihrer Linken und reichte die andere widerstrebend Richard. Sie hatten sich seit einigen Tagen nicht berührt. Sie fand seine daumenlose Hand. Aus den Augenwinkeln konnte sie seinen gesenkten Kopf wahrnehmen. Er hielt ihn nicht aus Frömmigkeit gebeugt, sondern um vor der Pastorin seinen Zorn über dessen Eindringen in ihr Haus zu verbergen. Sie sah, wie seine linke Hand die der Pastorin ergriff, sah, wie der Griff sich festigte.

»Diese Intensität, Mr. Shanti. Wie wundervoll.« Pastorin Mary Simonson ging einen Augenblick in sich, atmete tief durch und lockerte ihre Schultern. »Also, gut. Ein paar Zeilen aus dem Abdominalpsalter scheinen mir ausgesprochen angemessen: Lass uns nicht abweisen Deine Gaben, geliebter Vater, noch lass uns begreifen Deine Liebe als unabdingbar. Stärke uns im Glauben an dieses, Dein Geheimnis und mögen wir niemals infrage stellen Deinen Weg.« Sie hielt kurz inne und seufzte, ohne jedoch loszulassen. »Segne dieses Mahl, geliebter Vater, auf dass wir folgen Deinen Gebo
ten voller Freude und Kraft. Wir danken Dir an diesem Tag, für die Gabe Deines Fleisches.«

Sie hob ihren Kopf und sah jedem am Tisch ins Gesicht. Alle ließen eilig die Hände los.

Maya hatte die Teller bereits aufgetragen. Es stand einer vor jedem der Shantis. Auch vor Pastorin Mary Simonson, die gekommen war, um ihre Familie zu beurteilen. Mayas Appetit wuchs ins Unermessliche, die Gesichter der Kinder waren voller Vorfreude, jetzt, wo ihnen der aromatische Duft von ihren Tellern in die Nase stieg. Maya bemühte sich, Richard nicht anzusehen, denn sie wusste, dass er seinen nagenden Hunger unterdrückt hatte, lange bevor der erste Happen seine Lippen passierte. Sollte Pastorin Simonson den Verdacht hegen, dass ihre Fleischversorgung nicht der Norm entspräche, würde sie künftig regelmäßig zu Besuch kommen, um sicherzugehen, dass alles seine Richtigkeit hatte. Alles musste so normal wie möglich erscheinen. Andernfalls riskierten sie es, ihre Kinder zu verlieren. Wenn der Verdacht aufkäme, Richard würde von seiner Ration etwas weggeben, konnte er angezeigt werden und seinen Job verlieren. Dass Leuten, die ihren Job bei Magnus Fleisch Produktion verloren, üble Dinge widerfuhren, war ein offenes Geheimnis. Soweit es Rory Magnus betraf, war man entweder drinnen oder draußen. Wenn man draußen war, galt man nicht mehr als vertrauenswürdig. Wenn Rory Magnus dir nicht vertraute, war dein Leben in der Stadt keinen Pfifferling mehr wert und entsprechend schnell beendet.

»Bitte. Fangen Sie doch an«, sagte die Pastorin, aber niemand bewegte sich. Wieder blickte sie allen am Tisch ins Gesicht und lächelte. »Nun, ich muss sagen, das ist ausgesprochen höflich. Sie können stolz auf Ihre Familie sein, Mr. Shanti.« Sie nahm ihr Besteck und starrte auf das scharf angebratene Filet, das den größten Teil ihres Tellers einnahm.

Dunkle Linien verliefen auf der gebräunten Oberfläche. Wenn die gezackte Klinge sie durchstoßen hatte, würde sie das blutige Fleisch darunter offenlegen. Wässerige rote Säfte spritzten auf den Teller, als sie ein Stück abschnitt und mit der Gabel zum Mund führte. Maya sah, wie die Kiefermuskeln ihres Mannes zuckten und sich verkrampften. »Mmmm«, sagte die Pastorin und nickte zutiefst befriedigt. »Das ist ein exzellentes Steak, Mrs. Shanti. Und, wenn ich das sagen darf, perfekt zubereitet.«

»Ich danke Ihnen«, sagte Maya. »Aber das ist nicht mein Verdienst. Richard bekleidet eine Spitzenposition bei MFP. Das bringt gewisse ... Vorteile mit sich.«

»Ich verstehe. Was für ein ausgesprochen glücklicher Umstand«, antwortete Pastorin Simonson mit einem halbzerkauten Bissen im Mund, was als die höflichste Art galt, bei Tisch zu sprechen. »Ist Ihnen denn klar, dass es Menschen in der Stadt gibt, die sich nur einmal die Woche Fleisch leisten können?«

Maya schüttelte den Kopf, dann bemerkte sie, dass die Zwillinge ihr Essen noch nicht angerührt hatten.

»Nun macht schon, Kinder«, flüsterte sie ihnen zu.

Sie nahmen Messer und Gabel, um am Fleisch herumzunesteln und zu zerren. Maya hatte darauf geachtet, dass ihre Portion gut durchgebraten war. So durch, dass es schon fast trocken war. Die Zwillinge hatten Probleme, es zu schneiden. Ihre Messer und Gabeln klapperten gegen die Teller, was ihnen einen scharfen Blick der Pastorin einbrachte. Maya beugte sich, so rasch sie konnte zu ihnen hinüber und schnitt ihre Steaks in mundgerechte Stückchen, während sie der Pastorin eine Entschuldigung zuhauchte.

»Die armen Dinger sind immer noch vom Fieber geschwächt.«

Sie beobachtete den Blick der Pastorin und entschied,
dass Mary Simonson sich mit der Ausrede zufriedengab. Dem Herrn sei Dank, dachte sie, dass Richard Fleisch der besten Qualität, die er kriegen konnte, mit nach Hause gebracht hatte. Es schien die Pastorin zufrieden zu stellen. Für den Moment.

Das Fleisch war wahrhaft delikat. Maya vermochte sich nicht mehr zu erinnern, wann sie das letzte Mal etwas Derartiges gegessen hatte. Die braune Fülle, der hauchzarte Widerstand, den die Fasern ihren Zähnen entgegensetzten, die gehaltvollen Säfte, ließen ihr das Wasser im Munde zusammenlaufen. Es fiel ihr unendlich schwer, es langsam zu essen.

»Darauf wollte ich Sie gerade ansprechen«, erwiderte die Pastorin.

Maya warf einen verstohlenen Blick zu Richard herüber. Er hatte sein Essen immer noch nicht angerührt. Sie suchte seinen Blick, flehte ihn in Gedanken an, seine Familie jetzt nicht im Stich zu lassen. Während dieses flüchtigen Blicks betete sie, dass die Pastorin nichts bemerkt hatte, und beschwor Richard stillschweigend, seine Rolle zu spielen, weil sonst alles, was sie sich gemeinsam aufgebaut hatten, für immer verloren wäre. Er griff nach Messer und Gabel.

»Was, glauben Sie, warum Ihre Mädchen so mager sind, Mrs. Shanti? Sind sie anfällig für derartige Krankheiten? Dass ein wohlgenährtes Kind eigentlich nicht krank werden sollte, wissen Sie doch, oder?«

Maya zuckte mit den Achseln.

»Oh, ich weiß nicht«, antwortete sie. »Ich will Ihnen nicht in Ihren Job reinreden, Pastorin, aber als ich noch ein Kind war, hatten wir ständig irgendein Zipperlein.«

Das war eindeutig die falsche Antwort, und sie bereute sie, noch ehe sie den Satz ausgesprochen hatte. Aber es war
zu spät, ihn zurückzunehmen und das Gesicht der Pastorin hatte bereits jeglichen Anflug der, dem Steak zu verdanken war, von Jovialität verloren.

»Als Sie ein Kind waren, Mrs. Shanti, hatten die Menschen nicht so gut zu essen, wie wir es heute haben. Krankheit ist nichts, was man auf die leichte Schulter nehmen sollte. Das wüssten Sie bestimmt, wenn Sie Ihren Abdominalpsalter regelmäßig konsultieren würden. Krankheit ist eine Angelegenheit, die man in der Tat sehr, sehr ernst nehmen sollte.«

Selbst mit sieben Jahren wussten die Zwillinge, wie schwer das Wort »ernst« aus dem Mund eines Pastoren der Fürsorge wog. Stillschweigend setzten sie ihr Mahl fort.

Maya fühlte sich innerlich bleich und kalt. Pastorin Simonson hatte aufgehört, ihr Fleisch zu kauen und starrte sie an.

»Ich bevorzuge etwas Soße zu meinem Fleisch«, sagte sie. »Die macht es geschmeidiger. Ich mag es geschmeidiger. Schade, dass es keine Soße gibt.«

»Ich kann schnell welche machen«, erwiderte Maya, »es dauert keine zwei Minuten.«

Pastorin Mary Simonson lächelte und schob sich ein tropfendes Stück Fleisch in ihren schmallippigen Mund.

»Machen Sie sich keine Umstände, Mrs. Shanti. Ich bin so gut wie fertig.«

»Oh, das macht mir keine Umstände. Überhaupt keine Umstände. Ich wollte ... wollte nur den Geschmack des Fleisches nicht verderben. Ich bin ... keine sehr gute Köchin, wissen Sie.«

Pastorin Mary Simonson schnaubte.

»Ich denke, Mr. Shanti ist ganz meiner Meinung. Er hat sein Essen nicht einmal angerührt.« Sie drehte sich zu Richard herum und musterte seine hagere Erscheinung mit etwas, das Maya als Argwohn interpretierte. »Ich hoffe, Sie
fühlen sich nicht unwohl, Mr. Shanti. Ein krankes Familienoberhaupt ist eine ernste Sache.«

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